“Ich war nicht mehr ich selbst. Ich war eine veränderte Person.”
Die einfachsten Dinge wurden zur größten Herausforderung. Jede noch so kleine Handlung wirkte wie ein unüberwindbarer Berg und ihr Körper sendete Signale, die sie kaum deuten konnte. Thea, 31 Jahre alt, fühlte sich plötzlich nicht mehr wie sie selbst – ohne Antrieb, wertlos und von Herzrasen und Konzentrationsproblemen geplagt. Doch Thea fand einen Weg, sich Hilfe zu holen und lernte Schritt für Schritt wieder Vertrauen ins Leben zu fassen.
Die Leichtigkeit, die immer schwerer wurde
Thea ist 31 Jahre alt und arbeitet als Projektleiterin bei einer nichtstaatlichen Organisation. Mit Begeisterung organisiert sie Projekte, bringt Menschen zusammen und steckt andere mit ihrer Offenheit und Energie an. Wer sie kennt, beschreibt sie als aufgeschlossen, lebensfroh und begeisterungsfähig. Doch genau diese Leichtigkeit geriet immer mehr ins Wanken. Ende 2023 belasteten mehrere Todesfälle und schwere Erkrankungen in ihrem Umfeld Thea stark. Ihr Antrieb wurde weniger, ihre Stimmung gedrückter. Thea wusste sofort, dass etwas nicht stimmte und versuchte selbstständig gegenzusteuern – mit Yoga, einem Dankbarkeitstagebuch und Routinen. Für einen kurzen Moment schenkten ihr diese Dinge Halt, aber die schlechten Phasen kamen wellenartig wieder. Dinge, die ihr früher Freude bereiteten und sie besser fühlen ließen, wie Yoga oder Joggen, erfüllten ihren Zweck nun gar nicht mehr. Schließlich schlich sich die Depression immer deutlicher in ihr Leben.
Wenn der Körper Signale sendet
Mit der Zeit bemerkte Thea, dass sie auch in ihrem Job immer weniger Kraft hatte. Aufgaben, die ihr sonst leicht gefallen waren, fühlten sich plötzlich erdrückend an. Konzentrationsprobleme und das Gefühl völliger Überforderung kamen hinzu. Immer häufiger spürte sie bei der Arbeit Herzrasen, manchmal so stark, dass es ihr den Atem nahm. Eines Tages ging es ihr so schlecht, dass sie die Arbeit verließ und zum Arzt ging. Dieser bestätigte, dass mit ihrem Herzen alles in Ordnung war. Ihre Beschwerden seien psychischer Natur und sie solle auf sich achten. Schließlich zog Thea die Reißleine. Sie ließ sich mehrere Wochen krankschreiben, um überhaupt wieder zur Ruhe zu kommen.
Thea fühlte sich hilflos und verstand die Welt nicht mehr:
“Ich wusste nicht, was gerade mit mir los ist und auch nicht, wann das wieder aufhört.”
Sie verspürte nur noch den Impuls, sich zu Hause zu verkriechen. Rausgehen und etwas unternehmen schien für sie unmöglich, obwohl sie doch so ein extrovertierter Mensch war. Sie erkannte sich selbst nicht wieder und auch die kleinsten Alltagssituationen überforderten sie.
“Ich habe lieber Sachen im Supermarkt nicht gekauft, als jemanden anzusprechen und zu fragen, wo ich es finde.”
Ihre Selbstzweifel wurden immer größer.
Der mühsame Weg, Hilfe zu finden
Thea machte sich selbst zunehmend Druck. Sie wusste, dass die Depression in diesem Stadium nicht mehr von allein weggehen würde und verbot sich selbst, nur rumzuliegen. Sie begann, nach Unterstützung zu suchen, hörte Podcasts, las Bücher und rief sogar den Ärztlichen Bereitschaftsdienst an, um einen Therapieplatz zu finden. Doch gerade in der akuten Phase war es schwer, aktiv zu bleiben. Ihr Partner unterstützte sie und übernahm wichtige Telefonate.
“Nach einer Therapie zu suchen und sich selbst zu informieren ist natürlich sehr schwierig. Aber auch die kleinsten Schritte haben mir das Gefühl gegeben, ich mache was, ich kümmere mich um etwas, ich mache ja nicht nichts.”
Wichtige Unterstützung kam auch von Familie und Freund:innen. Thea sprach offen über ihre Situation und spürte, wie entlastend diese Ehrlichkeit war. Sie erzählte, wie es ihr ging, was sie brauchte, was ihr gelang – und was nicht. Die Gespräche halfen nicht nur ihr, sondern auch ihrem Umfeld, die Situation zu verstehen.
Zu ihren engsten Bezugspersonen sagte sie: “Ihr müsst jetzt zu mir sagen, nächste Woche Dienstag holen wir dich ab und wir machen was." Unternehmungen selbst zu planen ging zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.
Statt Ablehnung, reagierten ihre Liebsten mit Verständnis und Fürsorge. Diese Akzeptanz gab ihr die Sicherheit, nicht allein zu sein. Sie musste ihre Depression nicht verstecken und spürte, dass sie so angenommen wurde, wie sie ist.
Ein weiterer wichtiger Anker während ihrer Depression war deprexis. Auf Empfehlung einer Psychotherapeutin stieß Thea auf das digitale Therapieprogramm zur Behandlung von Depressionen und nutzte es, um die Wartezeit auf einen Therapieplatz zu überbrücken. Die Beantragung der Online-Therapie war für sie trotz Depression gut zu bewältigen. Das Programm half ihr dabei, wieder an sich selbst und ihre Fähigkeiten zu glauben und die kleinen Erfolge in ihrem Alltag zu feiern.
„deprexis zu nutzen war für mich erstmal ein Zeichen, dass ich überhaupt etwas mache. Sei es nur einige Minuten. Ich wusste, dass es mir helfen würde und es ist immer besser kurz etwas zu tun, als nichts zu machen.”
Besonders hilfreich waren die Übungen, die ihre Denkmuster hinterfragten. Sie lernte, ihre negativen Gedanken aus einer anderen Perspektive zu betrachten – mal wie ein Forscher, mal aus der Vogelperspektive. Sätze wie „Ich kann nichts“ wandelten sich langsam in „Ich kann kleine Dinge schaffen und war immerhin heute einkaufen“. Mit jeder abgeschlossenen Einheit gewann sie ein Stück Selbstvertrauen zurück.
Schritt für Schritt zurück ins Leben
Durch die Kombination aus Therapie, Medikamenten und deprexis begann Thea langsam, ihren Alltag zurückzuerobern. Erste kleine Routinen gaben Struktur, bis sie schließlich ihre Arbeit in Teilzeit wieder aufnehmen konnte. Thea weiß, dass es wieder Rückschläge geben kann. Aber sie hat Werkzeuge gefunden, mit denen sie sich Schritt für Schritt wieder stabilisieren wird.
Heute möchte Thea anderen Mut machen, offen über mentale Gesundheit zu sprechen. Insbesondere Gespräche mit Gleichgesinnten, die schon einmal in einer ähnlichen Situation waren, haben ihr Hoffnung geschenkt, dass es auch ihr bald besser gehen würde.
“Sich Hilfe zu suchen, nach Hilfe zu fragen und auch Hilfe anzunehmen, ist das A und O. Das Gefühl nach Hilfe zu fragen ist niemals schlimmer als alleine für dich zu sein.”