Major Depression – Verstehen und behandeln

Die Diagnose Major Depression stammt aus dem angloamerikanischen Raum und wird mit Hilfe des Klassifikationssystems DSM-V bestimmt (major depressive disorder). Zwar hat sich mittlerweile der Begriff der Major Depression in Europa etabliert, jedoch stellt dies keinen eigenständigen Diagnoseschlüssel dar. Im europäischen Raum wird unter einer Major Depression vielmehr eine depressive Episode oder eine sich wiederholende depressive Störung verstanden.

Dieser Artikel behandelt die Major Depression sowohl aus angloamerikanischer als auch aus europäischer Sicht. Dabei werden die Symptome, Entstehungsmechanismen sowie Behandlungsstrategien betrachtet.


1. Was ist eine Major Depression?

Depressionen sind affektive psychische Störungen, welche sich unter anderem durch eine gedrückte Stimmung, mangelnden Antrieb sowie Interessenlosigkeit kennzeichnen.

Sie gilt als eine der häufigsten psychischen Erkrankungen weltweit. Die Wahrscheinlichkeit daran zu erkranken, liegt für jeden Menschen bei 15-20 Prozent.

Mit Hilfe von Klassifikationssystemen kann der Fachmann oder die Fachfrau die auftretenden Symptome einordnen und eine Diagnose bestimmen.

Im angloamerikanischen Raum werden Diagnosen mittels des DSM-V angegeben. Die Hauptkategorie für Depressionen ist “depressive disorders.” Darunter fallen einige Depressionsformen, wie z.B. Disruptive Mood Dysregulation Disorder, die Minor Depression (leichte bis mittelschwere Episoden) und die Major Depression (schwere Episode).

Das DSM-V steht für diagnostic and statistical manual of mental disorders in der 5. Auflage. Hier werden sämtliche psychische Störungen erfasst. Herausgeber ist die American Psychiatric Association.

In Europa wird mit dem Klassifikationssystem ICD-10 (international statistical classification of diseases and related health problems) diagnostiziert. Der Begriff Major Depression taucht dort als eigenständiger Diagnoseschlüssel nicht auf, weshalb die Krankenkassen die Kosten nicht übernehmen würden.

ICD-10 ist das europäische Klassifikationssystem für alle Krankheiten und verwandten Gesundheitsprobleme. Herausgeber ist die WHO. Psychische Erkrankungen befinden sich im Kapitel F.

Eine Major Depression ist gleichzusetzen mit einer unipolaren, depressiven Episode (ICD-10 F32) sowie einer rezidivierenden depressiven Störung (ICD-10 F33). Eine Dysthymie taucht unter diesem Begriff nicht auf. Eine genaue Übersicht der einzelnen Depressionsformen finden Sie in diesem Artikel (Verlinkung).

Die Wahrscheinlichkeit an einer Major Depression zu erkranken, liegt bei ca. 15 Prozent, für eine Dysthymie beträgt diese nur 4,5 Prozent.

Das Wort Unipolar bedeutet, dass die Stimmung in Richtung des negativen Pols verändert ist (niedergeschlagene, gedrückte Stimmung). Sobald die Stimmung in den übertrieben positiven Bereich sich verändert, spricht man von einer bipolaren Störung.

Eine Major Depression kann in jedem Alter vorkommen. Mit Beginn der Pubertät steigt das Risiko deutlich. Laut den Ausführungen des DSM-V sowie des ICD-10 ist der Höhepunkt bei Menschen in den 20er Jahren sowie im hohen Lebensalter.

Hier einige Fakten zur Major Depression im Überblick:

Depression nach DSM-V

Diagnose:

  • Major Depression

(DMS-V 296.20-296.36)

Schweregrad: schwer Verhältnis Frauen/Männer: 1,5-3:1

Depression nach ICD-10

Diagnosen:

  • depressive Episode (ICD-10 F32),
  • rezidivierende, depressive Störung (ICD-10 F33)

Schweregrad: leicht, mittel, schwer

Verhältnis Frauen/Männer: 2:1

Neben den Einordnungen in ein Klassifikationssystem gibt es bei uns in Europa einige weitere Depressionsformen. Darunter fallen u.a.:

  • Schwangerschaftsdepression/Wochenbettdepression -> Verlinkung zum anderen Artikel
  • Saisonale Depression (SAD, Winterblues) -> Verlinkung zum anderen Artikel
  • Atypische Depression
  • Psychotische Depression

Abgrenzung zur Trauer

Wer eine geliebte Person oder Tier verloren hat, kann mitunter depressionsähnliche Symptome entwickeln (z.B. Gewichtsverlust, Schlafstörungen, tiefe Traurigkeit). Diese fallen unter den Begriff der Trauerreaktion, selbst wenn die Kriterien einer Depression erfüllt wären (Ausnahme bei einer bestehenden Suizidalität). Die eigene Trauerarbeit bewirkt, dass diese Symptome nach und nach abklingen. Auch kann eine trauernde Person zwischendurch Freude empfinden oder Lachen, was einem Depressiven nur schwer gelingt.

Bei diversen Risikofaktoren, wie z.B. bereits vorhandenen Belastungen, kann aus einer Trauerreaktion auch eine Depression entstehen. Im DSM-V wird nach zwei Monaten und im ICD-10 nach einem Jahr von einer komplizierten Trauerreaktion gesprochen.

Abgrenzung zu Burnout

Im Gegensatz zur Depression ist Burnout keine eigenständige Diagnose. Dennoch hat sich der Begriff als “Zusatzdiagnose” in Kombination mit einer anderen Erkrankung etabliert.

Depression

Hinweis Diagnose: klare, international anerkannte Diagnosekriterien

Häufige Symptome:

  • Interessenlosigkeit
  • Antriebsmangel
  • Freudlosigkeit

Beginn: schleichend bis akutes Auftreten der Symptome

Behandlungsfokus: Symptombehandlung Ursache: multifaktorielles Geschehen

Burnout

Hinweis Diagnose: keine klaren Diagnosekriterien

Häufige Symptome:

  • Energieverlust, Erschöpfung
  • Mangelnde Leistungsfähigkeit

Beginn: schleichende Entwicklung

Behandlungsfokus: Ursachenbehebung

Ursache: oft chronischer Stress, z.B. am Arbeitsplatz oder privat


2. Wie wird eine Major Depression diagnostiziert?

Ein behandelnder Arzt oder Psychotherapeut wird mittels einer psychopathologischen Befunderhebung sowie einer Differentialdiagnostik die Art sowie den Grad der psychischen Störung einschätzen. Dazu werden Fragen gestellt, standardisierte Fragebögen genutzt und die betreffende Person wird genau beobachtet. Eine Major Depression wird innerhalb der EU als depressive Episode klassifiziert und zeigt nach ICD-10 folgende Kernmerkmale:

  • Gedrückte und niedergeschlagene Stimmung
  • Freudlosigkeit
  • Interessenverlust
  • Mangelnder Antrieb

Neben diesen Kernmerkmalen können noch weitere Symptome auftreten und ein depressives Syndrom bilden, wie:

  • Appetitstörungen
  • Mangelndes Selbstwertgefühl
  • Schlafstörungen
  • Gedanken an den Tod
  • Pessimistische Gedanken, z.B. über die Zukunft
  • Verringerte Konzentrations- sowie Merkfähigkeit, geringere Aufmerksamkeitsspanne
  • Suizidgedanken oder eine Suizidhandlung
  • Selbstverletzendes Verhalten

Sobald manische oder hypomanische Symptome auftreten oder in der Vergangenheit auftraten, wird eine bipolare Störung diagnostiziert. Zudem wird in der Befunderhebung gefragt, welche Medikamente derzeit genommen werden, ob es psychische oder körperliche Begleiterkrankungen gibt und welche Ursachen denkbar sind.

Besonders die Fragen zu Suizidgedanken, einem selbstverletzenden Verhalten und konkrete Suizidabsichten sind wichtig. Bei einem akuten Verdacht würde es sich um einen Notfall handeln und die betreffende Person müsste in eine Psychiatrie eingewiesen werden.

Im DSM-V wird bei der Major Depression nicht in Kernmerkmalen und Nebensymptomen unterschieden. Relevant ist, dass die Symptome einen bedeutenden Einfluss auf den sozialen, beruflichen oder einen anderen relevanten Bereich haben. Symptome nach DSM-V sind:

  • Depressive Verstimmung fast den gesamten Tag
  • Interesse oder Freude an fast allen Aktivitäten sind deutlich vermindert und fast permanent vorhanden.
  • Der Appetit ist vermindert oder gesteigert, was ein Gewichtsverlust oder eine Gewichtszunahme von über 5 Prozent pro Monat mit sich bringt
  • Schlaflosigkeit oder ein erhöhtes Schlafbedürfnis
  • Außenstehende Personen bemerken oft eine psychomotorische Unruhe (z.B. zappelige Beine) oder Verlangsamung bei der betroffenen Person
  • Müdigkeit und Energieverlust
  • Gefühle von Wertlosigkeit oder unangemessene Schuldgefühle (bezogen auf sich, andere Personen und/oder gegenüber der Welt)
  • Verminderte Denk- oder Konzentrationsfähigkeit sowie mangelnde Entscheidungsfähigkeit
  • Wiederkehrende Gedanken an den Tod, wiederkehrende Suizidvorstellungen sowie die Planung eines Suizids; Suizidversuche

Da der DSM-V eine Major Depression als schwere Ausprägung erfasst, braucht es für eine Diagnose mindestens fünf der oben genannten Symptome.

Depressive Symptome im Überblick
Depressive Symptome im Überblick

Beim ICD-10 sowie beim DSM-V müssen die Symptome mindestens zwei Wochen vorhanden sein und dürfen nicht durch eine andere Erkrankung verursacht sein.

Einordnung der Symptomatik nach DSM-5

Minor Depression

  • Vorhandensein von zwei bis vier der Merkmale über einen Zeitraum von zwei Wochen
  • Gilt als eine nichtspezifische Diagnose und wird nur in einer einzigen Version des DSM erwähnt (DSM-IV-TR)

Major Depression

  • Vorhandensein von mind. 5 der Merkmale
  • Beinhaltet eine Episode oder einen rezidivierenden Verlauf

Seit wann vorhanden: mind. zwei Wochen anhaltende Symptome

Einordnung der Symptomatik nach ICD-10

Depressive Episode

  • Leichter Verlauf: mind. zwei Kernmerkmale und max. zwei Nebensymptome
  • Mittelschwerer Verlauf: mind. zwei Kernmerkmale und drei bis vier Nebensymptome
  • Schwerer Verlauf: alle Kernmerkmale und mind. vier Nebensymptome

Rezidivierende, depressive Störung

  • Vorhandensein von mind. zwei depressiven Episoden; Abstand der Episoden sollte mind. zwei Monate gewesen sein

Seit wann vorhanden: mind. zwei Wochen anhaltende Symptome

Diagnostische Hilfsmittel

Um eine genaue Diagnose stellen zu können, nutzt der Fachmann oder die Fachfrau diverse Hilfsmittel. Darunter fallen:

  • Standardisierte Fragebögen, wie den BDI (Beck Depressions Inventar)
  • Die klinische Beobachtung – einige Symptome können gut beobachtet werden. Sitzt jemand unruhig auf dem Stuhl oder zappelt mit den Beinen? Kann die Person Blickkontakt halten? Muss die Person bei den Erzählungen weinen?
  • Ein klinisches Interview – neben den Beobachtungen werden gezielte Fragen gestellt, z.B.:
    1. Wie fühlen Sie sich derzeit und wie erging es Ihnen die letzten zwei Wochen?
    2. Denken Sie manchmal an den Tod oder haben Sie bereits daran gedacht, sich selbst etwas anzutun?
    3. Können Sie sich gut zu Aktivitäten aufraffen?
  • Abklärung körperlicher Ursachen – Der Hausarzt oder ein anderer Facharzt prüft, ob es eine körperliche Erkrankung gibt, welche die depressiven Symptome verursacht (Konsiliarbericht).

Mit Hilfe dieser vier Punkte kann eine Major Depression genau bestimmt werden. Für eine Differentialdiagnostik sowie eine passende Behandlung ist das bedeutsam. Dies erklärt zudem, warum Eigendiagnosen schwierig sind.


3. Warum wird ein Mensch depressiv?

Es gibt selten nur einen einzigen Auslöser. Meist handelt es sich bei der Entstehung einer Major Depression um einen multifaktoriellen Entstehungsmechanismus, den es zu verstehen gilt.

Häufige Auslöser für eine Major Depression sind:

  • Schwere psychische Belastungen, welche nicht komplett verarbeitet werden konnten (Tod von geliebten Personen, Trennungen, Probleme im Beruf, Pensionierung). Hier zeigt sich, dass die betroffene Person die Umstände als schwere Belastung empfinden muss. Nicht jeder reagiert auf eine Pensionierung, Scheidung oder den Verlust eines Jobs depressiv.
  • Genetische Veranlagung
  • Veränderungen durch zum Beispiel Schwangerschaft, nach der Geburt des Kindes oder durch die Wechseljahre
  • Körperliche Erkrankungen als Auslöser
  • Anhaltender Stress (Beziehungen, Schulden, finanzielle Schwierigkeiten, Pandemie)

Personen mit einer chronischen Erkrankung haben ein doppelt so hohes Risiko an einer Depression zu erkranken, als gesunde (Priv.-Doz. Dr. Jähne, Oberbergkliniken).

Psychologische Modelle

Neben den oben genannten Ursachen gibt es einige psychologische Modelle, welche das Depressionsgeschehen genauer betrachten. Viele dieser Modelle, bzw. Theorien stammen aus der verhaltenstherapeutischen Richtung.

Modell der dysfunktionalen Kognitionen nach Beck

Bereits im 17. Jahrhundert entstand der Spruch “Ich denke, also bin ich.” Die besondere Bedeutung des Verstandes sowie seine Auswirkung auf unsere Gesundheit wird im Modell von Beck aufgegriffen. In diesem sollen dysfunktionale, automatische Gedanken für die depressive Symptomatik verantwortlich sein.

Bei solchen Gedanken handelt es sich um starre Denkstrukturen, welche die Wahrnehmung von sich und der Welt negativ verzerren. Eine Person denkt dann z.B. “Ich muss immer der Beste sein, sonst liebt mich keiner.”

In diesem Modell wird eine Reihe von kognitiven Fehlern beschrieben, welche nach Beck entscheidende Risikofaktoren für eine Major Depression sind:

  • Katastrophisieren – “Der Zug wird verunglücken und wir werden alle sterben.”
  • Etikettierungen – “Ich werde immer das schwarze Schaf in der Familie bleiben.”
  • Dichotomes Denken (Schwarz-Weiß-Denken) – “Entweder ich bekomme jetzt eine eins oder ich habe wieder total versagt.”
  • Personalisierung – „Mein Ehemann ist heute sehr schlecht drauf. Bestimmt bin ich der Grund dafür.”

Fünf Phasen Modell der Depression

Dieses Modell ist angelehnt an den fünf Phasen der Trauer von Frau Dr. Kübler-Ross. Es zeigt eine mögliche Entwicklung depressiver Symptome als innerpsychologischen Prozess, welcher bei einer Depression häufig beobachtet wurde (von einer leichten Symptomatik hin zu einem suizidalen Verhalten). 

Vereinzelte Phasen können ausgelassen oder sogar erneut durchlebt werden:

  1. Phase – Aufkommende negative Gedanken
  2. Phase – Veränderter Appetit mit Auswirkung auf das Gewicht
  3. Phase – Schlafprobleme, wie Schlaflosigkeit, ein hohes Schlafbedürfnis, Ein- oder Durchschlafprobleme
  4. Phase – Schuldgefühle und Selbstvorwürfe nehmen zu
  5. Phase – Suizidgedanken, selbstverletzendes Verhalten oder sogar Suizidhandlung

Wie im Modell von Beck beschreibt dieses Modell den Beginn der Symptomatik durch aufkommende negative Gedanken.

Depression - 5 Phasen Modell
Depression 5 Phasen-Modell

Psychodynamisches Modell

Solche Modelle orientieren sich häufig an den Ansätzen der Psychoanalyse (19. und 20 Jahrhundert.). Es gibt z.B. die Annahme, dass Depressionen aufgrund von schlechten Beziehungserfahrungen in der Kindheit herrühren und einen Konflikt erzeugen. Durch Verlusterfahrungen oder zu hohe Ansprüche des Elternhauses wird der Selbstwert nachhaltig gestört (narzisstische Krise). In einem sogenannten Dispositionsmodell lernt das Kind, nur durch ein hohes Leistungsideal wertvoll zu sein. Gelingt eine Erfüllung dieses hohen Anspruches (Größenphantasien) nicht, entwickeln sich Aggressionen, welche oft gegen das eigene Selbst gerichtet sind. Stetige Verlusterfahrungen oder Enttäuschungen können dieses Muster reaktivieren.

Körperliche Ursachen

Zudem können eine Reihe körperlicher Ursachen sowie die Einnahme bestimmter Medikamente depressive Symptome auslösen. Ein Arzt sollte daher bei der betroffenen Person diese möglichen Ursachen ausschließen:

  • Ein Vitamin-D3-Mangel steht im Verdacht eine saisonale Depression (SAD oder Winterblues) auszulösen 
  • Hormonelle Dysbalance, wie bei einer Schilddrüsenerkrankung – Durch einen Mangel an essentiellen Stoffwechselhormonen wird unmittelbar Einfluss auf den Körper und auf die Stimmung genommen.
  • Erkrankungen, wie Diabetes Mellitus, Multiple Sklerose oder Tumore
  • Medikamenteneinnahme, wie Steroide, Antidepressiva (v.a. in den ersten zwei Wochen bei Einnahme) oder auch durch den Einfluss von Drogen (z.B. Cannabis)

4. Häufige Begleiterkrankungen (Komorbiditäten)

Das Wort Komorbidität bedeutet, dass zwei oder mehrere Störungen gleichzeitig als eigenständige Erkrankungen auftreten.

Neben einer Major Depression kommt es gehäuft zu anderen klinisch relevanten Erkrankungen (psychisch und körperlich). Angold et al. (1999) fanden heraus, dass 69.2% der angstgestörten Patientinnen und Patienten ebenfalls eine Depression entwickeln. Ebenso entwickeln 45.9% der Heranwachsenden eine Störung der Stimmungsregulation (F34.81), komorbid zur Depression.

Weitere häufige Begleiterkrankungen sind Zwänge, Abhängigkeitserkrankungen (z.B. Alkohol), Essstörungen, Demenzen sowie Persönlichkeitsstörungen (z.B. Emotional instabile Persönlichkeitsstörung – Borderline).

Hier ist eine genaue Differentialdiagnostik erforderlich. Zudem sollte geklärt werden, welche Erkrankung einen Behandlungsfokus erhält und welche Therapieziele realistisch sind. Mehrere Erkrankungen können sich gegenseitig verstärken und benötigen, je nach Schwere der Symptomatik, mehr Aufmerksamkeit. Dies ist entscheidend für eine gute Behandlungsplanung.

Jede 16. Person mit Depression hat als Begleiterkrankung eine Diabetes mellitus. Dabei treten körperliche Erkrankungen und seelische häufig zusammen auf (Wells, etc al 1988, Schüßler 1993).


5. Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Eine Depression sollte ernst genommen und mit einem professionellen Gegenüber besprochen werden. Wenn es sich um eine schwere Depression handelt (v.a. mit suizidalen Gedanken und konkreten Suizidabsichten) ist die Einweisung in eine Psychiatrie erforderlich.

Welche Behandlung indiziert ist, richtet sich nach der Ursache, der Schwere und Chronifizierung der Symptomatik. Außerdem sollte geklärt werden, ob es bereits Behandlungen im Vorfeld gab (psychotherapeutische Behandlungen, Tageskliniken, stationäre Einrichtungen, etc.).

Die Dauer der Behandlung richtet sich nach den oben genannten Kriterien für die Behandlungswahl sowie nach den gesetzten Therapiezielen. Zudem wird eine Erhaltungstherapie (Zeitraum von zusätzlichen 3-6 Monaten) angepeilt. Dies soll einen Rückfall verhindern.

Eine ausführliche Betrachtung der Behandlungsmöglichkeiten bei einer Major Depression sowie den anderen Depressionsformen finden Sie in diesem Artikel.

Psychotherapeutische Behandlungen

Wenn eine Psychotherapie indiziert ist, kann unter anderem zwischen folgenden kassenärztlich zugelassenen Verfahren entscheiden werden:

  • Kognitive Verhaltenstherapie
  • Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
  • Psychoanalyse

Hinweise, um einen Therapieplatz zu finden, findest du in diesem Artikel.

1. Kognitive Verhaltenstherapie

Bei der kognitiven Verhaltenstherapie ist die Annahme, dass unangemessene Verhaltensweisen und Denkstrukturen Ursachen für das depressive Geschehen sind.

CBASP ist ein spezielles Therapieverfahrungen für chronische Depressionen und kann von Psychotherapeuten mit Schwerpunkt Kognitive Verhaltenstherapie als Zusatzausbildung absolviert werden. Das Wort CBASP steht für Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy. Entwickelt wurde dieser Ansatz von McCullogh (2003)

2. Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

Diese ursachenorientierte Therapieform beschäftigt sich mit der unbewussten Psychodynamik aktueller Konflikte und struktureller Störungen. Das Behandlungsziel befasst sich meist mit der Einschränkung regressiver (kindlicher) Prozesse sowie der Aufarbeitung eines Konfliktes.

Anders als bei der Psychoanalyse können kognitive, edukative, suggestive und störungsspezifische Techniken einbezogen werden.

3. Psychoanalyse

Diese Therapieform ist vor allem dann geeignet, wenn die Ursachen der Erkrankung in der frühen Kindheit vermutet werden. Eine Psychoanalyse umfasst meist mehrere Behandlungsziele (den Konflikt sowie die zugrundeliegende Struktur). Therapiestunden finden oftmals mehrmals in der Woche statt.

Einnahme von Medikamenten bei einer Major Depression

Es gibt die wissenschaftliche Hypothese, dass es bei einer Depression zu einer gestörten Hirnchemie kommen kann. Dabei sind die Neurotransmitter (Botenstoffe im Gehirn) Dopamin, Serotonin sowie Noradrenalin wesentlich beteiligt.

Auf diese mangelnde Balance von Neurotransmitter setzen Antidepressiva an.

Der Einsatz von Antidepressiva erfolgt meist in Kombination mit einer psychotherapeutischen Behandlung.

Häufige Antidepressiva sind SSRI (wie, Fluoxetin, Paroxetin), MAO-Hemmer (wie, Moclobemid), melatonerge Antidepressiva (Agomelatin) oder TZA (Trizyklische Antidepressiva, wie Imipramin, Amitriptylin).

Eine genaue Dosis, Dauer der Einnahme sowie die Wahl des Medikamentes muss genau auf die jeweilige Person von einem Arzt abgestimmt werden.

Aufkommende Nebenwirkungen sollten unbedingt mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.

Antidepressiva kommen auch bei Angststörungen, Zwängen, Essstörungen, chronischen Schmerzen, bei Panikattacken, Phobien sowie bei Entzugssyndromen zum Einsatz.

Alternative & ergänzende Behandlungsoptionen

Neben den bereits genannten Therapien gibt es eine Reihe weiterer Behandlungsmöglichkeiten, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen ist:

  • Schlafentzugstherapie – vor allem bei Patienten mit starken Tagesschwankungen der Stimmungen sowie bei Morgentiefs
  • Lichttherapie – vor allem bei Patienten mit Winterblues (Saisonale Depression)
  • Elektrokrampftherapie – vor allem bei schweren, psychotischen und therapieresistenten depressiven Symptomen

deprexis ist ein wirksames Online-Therapieprogramm auf Basis der kognitiven Verhaltenstherapie. Dies kann auf Rezept verordnet werden.


6. Fazit

Eine Major Depression ist eine weit verbreitete psychische Erkrankung, welche von fachkundigen Personen genau untersucht werden sollte. Neben den zahlreichen Ursachen gibt es viele passende Behandlungsmöglichkeiten, welche das Leiden der Betroffenen verringern können.

Quellen:
(1)Angold, A., Costello, E. J., & Erkanli, A. (1999). Comorbidity. Journal of

(2)Child Psychology and Psychiatry, 40, 57– 87. http://dx.doi.org/10.1111/1469-7610.00424

(3)Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde et al. (2015, 16. November): Unipolare Depression – Nationale VersorgungsLeitlinie. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/nvl-005l_S3_Unipolare_Depression_2017-05.pdf

(4)Dilling H., Mombour W., Schmidt M. H., WHO (2010). Internationale Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10 Kapitel V (F), 7. überarbeitete Auflage, Verlag Hans Huber

(5)American Psychiatric Association (2013). DSM-V – Diagnostic and statistical manual of mental disorders. (5. Auflage), Arlington

(6)neurologen-und-psychiater-im-netz.org (o. D.). Ursachen einer Depression. https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/depressionen/ursachen/

(7)PatientenLeitlinie zur Nationalen VersorgungsLeitlinie (2011) – Unipolare Depression

(8)Schüßler Gerhard, Joraschky Peter, Söllner Wolfgang (). Depression, Angst und Anpassungsstörungen bei körperlichen Erkrankungen (Komorbidität). abgerufen am 29. Oktober 22 von https://www.researchgate.net/profile/Gerhard-Schuessler/publication/301049215_Depression_Angst_und_Anpassungsstorungen_bei_korperlichen_Erkrankungen_Komorbiditat/links/5cb98a0aa6fdcc1d499f1efd/Depression-Angst-und-Anpassungsstoerungen-bei-koerperlichen-Erkrankungen-Komorbiditaet.pdf

(9)Wells, etc al 1988, Schüßler 1993, abgerufen am 04.November 22, von https://www.researchgate.net/profile/Gerhard-Schuessler/publication/301049215_Depression_Angst_und_Anpassungsstorungen_bei_korperlichen_Erkrankungen_Komorbiditat/links/5cb98a0aa6fdcc1d499f1efd/Depression-Angst-und-Anpassungsstoerungen-bei-koerperlichen-Erkrankungen-Komorbiditaet.pdf

(10)Wittchen Hans-Ulrich, Hoyer Jürgen (2011). Klinische Psychologie & Psychotherapie. Springer-Verlag, Heidelberg


Home » Depressions-Blog » Depression » Major Depression – Verstehen und behandeln
Spread the love
1
0